Cover
Titel
Des Goths à la nation gothique. Les origines de l’idée de Nation en Occident du Ve au VIIe siècle


Autor(en)
Teillet, Suzanne
Anzahl Seiten
700 S.
Preis
€ 57,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Alheydis Plassmann, Historisches Seminar, Universität Bonn

Bei dem anzuzeigenden Buch handelt es sich um die zweite Auflage einer 1984 erschienenen Dissertation. Dies ist dem Titelblatt wohl zu entnehmen, wird aber an keiner anderen Stelle des Bandes thematisiert – die Einleitung ist unverändert die von 1984 –, so dass die Gründe für die Neuauflage nicht zu erkennen sind. Dass es sich kaum um eine substantielle Revision handeln kann, wird bereits am Literaturverzeichnis ersichtlich, in dem sich nur ein einziger Titel findet, der nach 1984 erschienen ist (S. 662), so dass man wohl zu Recht davon ausgehen kann, dass die wissenschaftlichen Diskussionen und Fortschritte der letzten knapp 30 Jahre nicht aufgenommen worden sind. Zur Spätantike und zum frühen Mittelalter hat sich doch die Forschungslage seither entscheidend geändert, was sich schon daran deutlich machen lässt, dass die S. 690f. aufgeführte Karte die Goten unbekümmert ihre Wanderung in Skandinavien beginnen lässt. In einer aktuellen Untersuchung wäre der Begriff „nation“ sicherlich ebenfalls vermieden worden.

Der unreflektierte Umgang mit dem Begriff der Nation ist im Übrigen schon beim ersten Erscheinen des Buches von Thomas Burns kritisiert worden.1 Suzanne Teillet zielte damals auf der Grundlage einer sicher umfassenden Quellenkenntnis darauf ab, die Entwicklungen nachzuzeichnen, die von einem spätantiken Barbarencliché der „skythischen“ Goten zu einem Identitätsgefühl der Goten geführt haben, das seinen Höhepunkt im 7. Jahrhundert mit der Ausbildung einer „hispano-gotischen Nation“ (S. 585) gefunden hätte. Suzanne Teillet hat dafür die Gotenbilder zentraler und einflussreicher Geschichtsschreiber der Spätantike und des Frühmittelalters untersucht und schreitet nach einer kenntnisreichen Einführung in die antiken Vorbilder von den spätantiken Autoren Orosius, Salvian von Marseille, Sidonius Appolinaris und Hydatius zu den für das Ostgotenreich besonders bedeutsamen Autoren Marcellinus, Corippus, Eugippius, Ennodius, Cassiodor und Jordanes, dann von Gregor dem Großen und Gregor von Tours zu den Schreibern der spanischen Halbinsel Johannes von Biclaro, Isidor von Sevilla und Julian von Toledo vor.

Es liegt auf der Hand, dass die Ergebnisse von Suzanne Teillet zu dem Gotenbild dieser Autoren vor dem Hintergrund neuerer Forschungen erheblich zu differenzieren gewesen wären. Da es nicht die Aufgabe einer Rezension sein kann, einen solchen aktuellen Forschungsbericht nachzuholen, sei hier nur kurz darauf hingewiesen, dass Magali Coumert2 im Rahmen ihrer Dissertation zumindest für den Aspekt der Herkunft der Goten eine Untersuchung der spätantiken Traditionen und deren Aufbereitung durch frühmittelalterliche Geschichtsschreiber geliefert hat, die auf dem Stand der Forschung ist. An sich wäre es durchaus nützlich gewesen, wenn der umfangreiche und auch kenntnisreiche Quellenüberblick von Suzanne Teillet über das Gotenbild auf einen neuen Stand gebracht worden wäre, zumal das Literaturverzeichnis zeigt, dass die Autorin die Literatur, wohlgemerkt bis 1984, weit über den französischen Sprachraum hinaus rezipiert hat. Warum sich der Verlag und wohl auch die Autorin entschlossen haben, eine Art Nachdruck zu produzieren, der im Zeitalter von schnellen Fernleihen und elektronischen Büchern kaum ein dringendes Desiderat der Wissenschaft ist, ist ein Geheimnis, das die Rezensentin nicht enträtseln konnte.

Anmerkungen:
1 Thomas S. Burns, Rezension zu Suzanne Teillet, Des goths a la nation gothique: les origines de l’idée de nation en occident du Ve au VIIe siècle. Paris1984, in: Speculum 62 (1987), S. 209–211.
2 Magali Coumert, Origines des peuples. Les récits du Haut Moyen Âge occidental (550–850), Paris 2007, hier S. 33–142.

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